Autogrammjagd in Münster und darüber hinaus: Dr. Peter Kreverts Highlights aus fünf Jahrzehnten Sammelleidenschaft - Teil 10: Aktionskünstler Joseph Beuys
MÜNSTER.
Dr. Peter Krevert ist Jäger – Autogrammjäger. Von Prominenten
will er vor allem eines: ihre Unterschrift. Seit 52 Jahren schon hat
Krevert sich diesem spannenden Hobby verschrieben, und seit bald zwei
Jahrzehnten organisiert er Autogrammausstellungen. Die meisten seiner
bedeutendsten Sammelobjekte konnte der gebürtige Münsterländer in
seiner nordrhein-westfälischen Heimat und nicht zuletzt auch in
Münster ergattern, denn hier lebte und arbeitete er über lange
Zeit. Auf „Münster täglich“ gibt es ab sofort die Geschichten
zu den Autogrammen zu lesen. In Teil 10 geht es um den
Aktionskünstler Joseph Beuys.
Autogrammsammler haben oft viele -und interessante-
Geschichten zu berichten über die Prominenten, von denen sie
Unterschriften sammeln. Diese Geschichten werden zu wertvollen
Erinnerungen, die die Bedeutung des Autogramms noch verstärken
können. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Begegnung unseres
Autogrammsammlers Dr. Peter Krevert mit dem politisch umtriebigen und
nicht immer ganz einfachen Aktionskünstler Joseph Beuys. Diese
besondere Geschichte erzählt von einem Moment der Ablehnung, der
Hartnäckigkeit und schließlich der Erfüllung eines lang gehegten
Wunsches.
Soviel vorab: Es sollte ein sehr schwieriger Weg werden,
an das Autograph von Joseph Beuys zu gelangen.
Es war
Ende der 70er / Anfang der 80er Jahre. Krevert lebte als Gymnasiast
in Gelsenkirchen. Seinerzeit engagierte sich Beuys bei der damals
noch neuen Partei DIE GRÜNEN und nahm für diese vor allem in
Nordrhein-Westfalen zahlreiche (Wahlkampf-)Termine wahr. Ein
glücklicher Zufall: Kreverts Kunstlehrer war einer der
Meisterschüler von Beuys. Er wusste von der Sammlerleidenschaft
seines Schülers und steckte ihm 1980, dass Beuys nach einer
Veranstaltung höchstwahrscheinlich noch in einem Gelsenkirchener
Cafe-Restaurant einkehren werde.
Ein Tipp, der sich bewahrheiten
sollte. Doch Beuys wurde erst einmal zu einem der ganz wenigen
Prominenten, die dem Sammler -zunächst- einen Korb gaben: Als
Krevert das Café betrat, so erinnert er sich heute, habe Beuys
nämlich an einem großen Tisch gesessen und sei von zahlreichen
Personen , darunter auffällig vielen jungen Frauen, umgeben und in
Gesprächen vertieft gewesen. Der Schüler Krevert nahm seinen Mut
zusammen und trat entschlossen mit seinem Autogrammwunsch an den so
umschwärmten Künstler heran, doch der winkte nur ab und meinte, er
sei gerade in einem wichtigen Gespräch und wolle nicht gestört
werden. Nach ein paar Minuten ging der Sammler nochmals zu Beuys hin.
Er habe ganz stumpf zu ihm gesagt: „Ich muss jetzt weg“ und ihm
einen Zettel mit „AUTOGRAMM bitte an“ mit seinem Namen und
Anschrift neben Beuys Getränk gelegt.
Und tatsächlich:
Irgendwann, als Krevert schon gar nicht mehr an seine Beuys-Begegnung
dachte, traf dann diese Bildkarte mit persönlicher Widmung ein.
Leider hat der Sammler den von Beuys komplett handgeschriebenen
Briefumschlag (Absendername und Adresse sowie Krevert-Anschrift in
Gelsenkirchen) nicht aufbewahrt, sondern Jahre später im Tausch an
einen Sammlerkollegen weitergegeben, damit dieser wenigstens den
eigenhändigen Namenszug des Künstlers seiner Sammlung hinzufügen
konnte. Die Bedeutung des Autogramms wurde dadurch nicht geschmälert:
Es war ein Zeichen der Anerkennung von Beuys und ein unschätzbares
Sammlerstück für ihn.
Doch
damit sollte die Geschichte nicht enden. Vor einigen Jahren, während
eines Spaziergangs entlang des Rheins in Düsseldorf, entdeckte
Krevert zu seiner Verblüffung Straßenschilder, die auf das
Joseph-Beuys-Ufer hinwiesen. Krevert reflektiert über die Bedeutung
dieser Ehrung und bemerkt stolz, dass er in über 50 Jahren als
Sammler bereits viele Persönlichkeiten getroffen habe, denen später
Straßen, Plätze oder Schulen gewidmet wurden. Doch Joseph Beuys sei
sein einziger Autogrammpartner, der es zu einem eigenen Flussufer in
der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt geschafft habe.
Die
Begegnung von Dr. Peter Krevert mit Joseph Beuys, die sich anfangs
kompliziert gestaltete, ist letztendlich zu einer erstaunlichen
Erfolgsgeschichte geworden. Kreverts Hartnäckigkeit zahlte sich
genau in dem Moment aus, als er das persönlich gewidmete Autogramm
des Aktionskünstlers erhielt. und so bleibt diese Begegnung zwischen
dem Autogrammsammler und dem Aktionskünstler eine Erinnerung an die
Kraft der Entschlossenheit und an die Faszination, die ein einziger
Moment mit einer herausragenden Persönlichkeit bewirken kann.
Das Autogramm schrieb Beuys auf eine Widmungskarte mit Wahlwerbung für die Grünen auf der Rückseite. Foto: Archiv Dr. Peter Krevert.
In Düsseldorf hat Joseph Beuys ein eigenes Flussufer. Foto: Archiv Dr. Peter Krevert.
(c) Siegmund Natschke
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