MÜNSTER. Die
Nachricht, dass der Aschendorff-Verlag sämtliche seiner
Anzeigenblätter einstellt („Münster aktuell“ berichtete),
schlug ein wie eine Bombe. Betroffen sind
alle Hallo- und Blickpunkt-Ausgaben, aber
auch das
in Bielefeld herausgegebene Sonntagsblatt „OWL am Sonntag“:
Zuletzt lag die Auflage dieser betroffenen Blätter bei insgesamt
über 350 000 Exemplaren.
Als Gründe für das Aus werden von der
Aschendorff-Geschäftsleitung „nie dagewesene Kostensteigerungen“
genannt, wie der verdi-Medienblog „Medienmoral NRW“ berichtet.
Demnach hätten dreifach höhere Papierkosten, gestiegene
Energiekosten und der Anstieg des Mindestlohns um 22 % den
Anzeigenblättern die wirtschaftliche Basis entzogen.
Die Aschendorff Medienholding baut-so befürchten die Gewerkschaften- massiv Stellen ab. Foto:Siegmund Natschke
Alle Faktoren betreffen allerdings grundsätzlich auch Tageszeitungen, und zwar sowohl die „Westfälischen Nachrichten“, als auch das „Westfalenblatt“ aus Bielefeld.
Das Unternehmen, so zitiert „Medienmoral NRW“ aus einem Schreiben der Chefredaktion, werde versuchen, die Veränderungen mit Augenmaß und entsprechend „seiner sozialen Verantwortung gegenüber den Betroffenen“ umzusetzen.
Die Betroffenen und Mitarbeiter allerdings werden diese Aussage sehr skeptisch sehen. Schon die als „Sanierungsfusion“ deklarierte Übernahme der „Münsterschen Zeitung“ im Jahr 2014 war mit einem erheblichen personellen Aderlass verbunden. Zudem war die 2020 eingeführte Kurzarbeit bei den „Westfälischen Nachrichten“, sowie der zeitgleich einhergehende Auftragsstopp für freie Journalisten alles andere als sozial, zumal die einzelnen Beschäftigtengruppen gegeneinander ausgespielt wurden. Und jetzt? Der Presseverein Münster-Münsterland im DJV-Landesverband NRW befürchtet, dass es betriebsbedingte Kündigungen „in gravierendem Ausmaß“ geben wird. Nach Berechnungen des Betriebsrates wird sich die Gesamtzahl der Entlassungen im Bereich der Westfälischen Medienholding auf etwa 2500 (!) belaufen, das wäre in etwa die Hälfte der Gesamtbelegschaft, die von den Zustellern dominiert wird, wie „Medienmoral NRW“ glaubt. Doch es gibt ein großes Aber: Typischerweise stellen nämlich Personengruppen wie Rentner und Studenten eine Vielzahl der Zusteller dar, sind aber keineswegs festangestellt. Nach Angaben des Leserservices der WN geht vielmehr ein Großteil der Zusteller tagsüber einer anderen Beschäftigung nach. Unter den besagten 2500 Festangestellten, die nach Berechnungen des Betriebsrates ihre Stelle verlieren werden, müssen also in erheblichem Maß auch andere Berufsgruppen sein. Geht man von den bisherigen Erfahrungen mit dem Aschendorff-Verlag aus, sind dies nicht zuletzt auch Journalisten. Volkmar Kah, der Geschäftsführer des Deutschen Journalisten-Verbandes NRW, glaubt auf jeden Fall, dass mit der Schließung der Anzeigenblätter voraussichtlich alle Beschäftigten dort ihren Arbeitsplatz verlieren werden– von der Redaktion bis hin zu den Zustellern. Er meint: “Die Schließung reiht sich ein in eine von vielen Outsourcing- und Personalabbaumaßnahmen.“ Volkmar Kah insistiert:“Wir fordern die Verlegerfamilie Hüffer auf, ihrer sozialen Verantwortung für die Betroffenen gerecht zu werden.“
Und was passiert nach dem Kahlschlag? Ein Kommentarschreiber auf Facebook glaubt:“Die einzige Chance für den Lokaljournalismus besteht darin, das wir es selber machen: die Journalisten, die weiter machen wollen. Setzt Euch mit dem Vertrieb zusammen, sprecht mit den Anzeigenverkäufern und den Redakteuren. Macht aus den x Anzeigenblättern drei oder auch nur eine Zeitung für das gesamte Gebiet.“
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