Direkt zum Hauptbereich

Von Heinz Rühmann bis Willy Brandt: Autogramme erzählen Geschichte

 

MÜNSTERLAND. Es lohnt sich, ins Münsterland zu fahren: Eine deutschlandweit einzigartige Autogrammausstellung zur Geschichte der Bundesrepublik ist nämlich derzeit im Stadtmuseum Burgsteinfurt zu sehen. Zusammengestellt und konzipiert hat sie Dr. Peter Krevert. Er konnte dabei auf einen schier unerschöpflichen Fundus zurückgreifen: auf seine eigene Sammlung. Der Autogrammjäger besitzt unzählige signierte Fotos, Briefe, Notizen und sonstige eigenhändige Schriftstücke von Männern und Frauen, die die Geschichte der Bundesrepublik nachhaltig geprägt haben. 300 dieser Exponate zeigt er nun der Öffentlichkeit „Ich habe mich gefragt: Mein Gott, welche Persönlichkeiten haben unsere Bundesrepublik eigentlich in den vergangenen sieben Jahrzehnten geprägt, und mit dieser Denkweise habe ich schließlich ausgewählt“, erklärt Krevert. „70 Jahre Bundesrepublik“, so lautet der Titel dieser Autogramm-Ausstellung. Sie ist eine politische Ausstellung, aber nicht nur. Unter den Persönlichkeiten, die hier durch ihre persönlichen Schriftzüge verewigt sind, befinden sich die Kanzler der Republik, aber auch Musiker, Schauspieler und Sportler. Über jeden einzelnen von ihnen weiß Krevert Anekdoten zu erzählen, ebenso über die Art und Weise, wie er an die begehrten Unterschriften kommt.

. So kann es schonmal sein, dass Dr.Peter Krevert an Haustüren von Prominenten klingelt. Denn er bittet gerne persönlich um die gewünschte Signatur. Auch den legendären Schauspieler Heinz Rühmann besuchte Krevert am Starnberger See. Der öffnete und fragte verdutzt: „Wo haben Sie denn ihren Werkzeugkasten?“

Rühmann glaubte, den bestellten Handwerker vor sich zu haben. Doch es war Krevert, und der bekam sein gewünschtes Autogramm.

Man muss dreist sein“, sagt Krevert schmunzelnd in der Rückschau „Ich bin Autogrammjäger“, betont er. Postalisch um eine Unterschrift zu bitten, das macht er selten. Die persönliche Begegnung zähle. Und von denen hatte er unzählige. Als junger Sammler trieb er sich in Gelsenkirchen auf dem Hotelparkplatz herum. Warten auf Prominente, denn die kamen zur „RTL-Löwenverleihung“ und Krevert passte sie ab. Auch Peter Alexander, den er am benachbarten Ententeich traf – mit dessen Eltern. Krevert hatte Fürsprecher, etwa den RTL-Moderatoren Camillo Felgen und dessen damaligen Assistenten Frank Elstner, die ihn zu weiteren Prominenten führten.

Die Methoden des Autogrammjägers wurden ausgeklügelter. So habe er sich etwa als Schülerzeitungsredakteur ausgegeben. Die Flunkerei fiel nicht auf, nur Otto Waalkes habe entdeckt, dass keine Cassette im Recorder gewesen sei.

Er hat sie alle gekriegt. Willy Brandt traf er am Helikopter, die Unterschrift von Helmut Schmidt konnte er als studentischer Praktikant im Deutschen Bundestag ergattern. Nicht mit ihm, aber mit Curd Jürgens hat er eine geraucht, und Marlene Dietrich reichte ihm ein Autogramm durch die Tür ihrer Pariser Wohnung. Nicht selten offenbaren Handschriften Lebenseinstellungen. Angela Merkel traf er als Ministerin und auch als Kanzlerin. Bei ihrer ersten Begegnung Anfang der 90er in Münster-Hiltrup bat Krevert sie, ihm ihren politischen Leitspruch aufzuschreiben, was sie auch tat: „Politik ist Dienst von Menschen für Menschen in unserer Gesellschaft“. Kreverts Leidenschaft ist der Fußball. Rudi Assauer rief ihn einmal an: „Du musst mir mal deine Sammlung zeigen!“ Danach übernahm der Fußball-Manager die Schirmherrschaft einiger Ausstellungen und brachte signierte Zigarren zu den Eröffnungen mit. Insgesamt 2100 prominente Zeitgenossen hat Krevert in mittlerweile 50 Sammlerjahren getroffen, die Zahl der Autogramme ist nicht mehr zählbar. Dennoch: Als promovierter Politikwissenschaftler faszinieren ihn insbesondere Schriftzüge und Unterschriften aus der Politik.In seiner aktuellen Ausstellung finden sich die von allen Bundespräsidenten und Kanzlern sowie zahlreichen Ministern der vergangenen Jahrzehnte. Gustav Heinemann, oder eben Willy Brandt und Helmut Schmidt, Franz-Josef Strauß, Helmut Kohl und Hans Dietrich Genscher sind nur einige der herausragenden Persönlichkeiten, die hier durch ihre Unterschriften vertreten sind. Krevert besitzt wertvolle autographische Unikate, so u.a. von den RAF-Mordopfern Schleyer, Rohwedder und Herrhausen oder auch eigenhändige Schriftstücke der Kanzler Kiesinger und Kohl, adressiert an den früheren Minister Windelen aus Warendorf.



Krevert sammelt weiter, zuletzt auch die Unterschriften der Frauen-Fußball-Nationalelf. Und er hat eine Idee: Ein Autogrammmuseum wolle er aufbauen, sagt er, und dafür suche er noch einen interessierten Bürgermeister oder eine Organisation, die das verwirklichen könnte. Am liebsten in seiner Heimat - dem Münsterland.Genug Material kann er zur Verfügung stellen, ganz sicher. Seine aktuelle Ausstellung, bei der auch Sammlerkollegen mit ihren Exponaten vertreten sind, bietet er bundesweit an. Aktuell ist sie im Stadtmuseum in Burgsteinfurt (Münsterland) zu sehen. Wegen des großen Besucherinteresses wurde sie bis Mitte September verlängert. Wer an einer Sonderführung interessiert ist, kann sich im Museum (Tel. 02551/5987) oder direkt bei Dr. Krevert melden (Tel. 02551/ 919082)


Ungewöhnliche Besucher kann der Autogrammsammler Dr. Peter Krevert (vorne) mitunter begrüßen. Hier die Teilnehmer eines Steinfurter Historienspiels. Foto: Stadtmuseum Burgsteinfurt.




Auch Willy Brandt gab die begehrte Unterschrift.



Angela Merkel offenbarte ihre politische Lebenseinstellung.



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Mietenwahnsinn in Münster: Jetzt wird die Mittelschicht wohnungslos

MÜNSTER. Eine 3-Zimmer-Wohnung in Gremmendorf für 1150 Euro Kaltmiete, eine 2-Zimmer-Wohnung in Mauritz-Ost für 1000 Euro und ein karges 1-Zimmer-Appartement am Johann-Krane-Weg immerhin noch für 715 Euro – das sind drei zufällig ausgewählte Mietangebote in einer bekannten Immobilienbörse für den Ort Münster. Wer es gerne größer möchte oder braucht, etwa wenn die Wohnung für eine Familie benötigt wird, muss mitunter sogar ganze 2000 Euro berappen. Viele Menschen machen sich Sorgen wegen dieser exorbitanten Preise. Einige können sie schlicht nicht mehr bezahlen – obwohl sie eine reguläre und oft auch „gute“ Arbeit haben. Manche werden deshalb sogar wohnungslos. Das sind Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die plötzlich und unvermittelt ins Bodenlose fallen. Volker Jaks, Rechtsanwalt vom Mieterverein Münster, bestätigt: „Das Problem der Obdachlosigkeit ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“ Babette Lichtenstein van Lengerich, Sprecherin der CDU-Ratsfraktion für die Theme

„Kegelbrüder“ vor Gericht: Kein Prozess in Deutschland?

 MÜNSTER/PALMA DE MALLORCA. Die Kegelbrüder aus Münster-Albachten, denen (noch immer) vorgeworfen wird, auf Mallorca durch das Werfen von Zigarettenkippen einen Brand verursacht zu haben, werden voraussichtlich keinen Prozess in Deutschland durchlaufen. Das erklärte Henning Barton, Pressesprecher des Landgerichts Münster, auf Nachfrage von „Münster täglich“ und betonte, dass ihm keine Rechtsvorschrift bekannt sei, die das Verfahren nach Deutschland verweisen könnte. Das Verfahren wird demnach in Spanien geführt werden. Die Beschuldigten waren vorübergehend in Untersuchungshaft, wurden jedoch gegen Zahlung einer Kaution vorläufig freigelassen. Die spanischen Anwälte der Kegelbrüder nutzten dabei geschickt die Abwesenheit des Ermittlungsrichters, um die Freilassung auf Kaution bei dessen Vertretung zu beantragen. Mit einer Solidarhaftung von 500.000 Euro, die von den Familienangehörigen der jungen Männer aufgebracht wurde, und der Unterstützung der Staatsanwaltschaft wurde der Antrag bew

Wie lange noch, WN?

  MÜNSTER. „Quo usque tandem abutere patientia nostra?“ Das war Latein. Es gibt kaum ein berühmteres Zitat aus dem alten Rom als diese Anklage von Cicero, der dem  Aufrührer Catilina entlarvend fragte: „Wie lange willst Du noch unsere Geduld missbrauchen?“ Kaum ein Zitat dürfte indes treffender sein, um den derzeitigen Zustand der „Westfälischen Nachrichten“ (WN) und der Münsterschen Zeitung (MZ), die jeweils textgleich berichten, zu charakterisieren. Denn viel Geduld brauchen zweifellos auch die Leser dieser Zeitungen. Immer weniger erfahren sie vom Geschehen in ihrer Heimatstadt.  Wichtige Ereignisse und Themen finden in der Tageszeitung schlichtweg nicht mehr statt, Vereine und Institutionen haben immer größere Probleme, Erwähnung zu finden. Während früher stets sogar mehrere Journalisten zu Terminen kamen -von der MZ und von der WN- ist jetzt meistens keiner mehr da. Die WN druckt lieber für sie kostenlose Pressemitteilungen ab, so dass der Inhalt der einst so stolzen Regionalzeitu