MÜNSTER. In Münster purzeln die gewohnten Erntezeiten durcheinander: Bereits im August sind Sorten wie ‘Elstar’ oder ‘Boskoop’ pflückreif – ein Effekt der immer früher einsetzenden Apfelblüte. Für Obstbauern, Natur und Geschmack hat das weitreichende Folgen.
Die Äpfel reifen zu früh, und auch die Blüten kamen vorzeitig. Fotos: Siegmund Natschke.In Münster beginnt in diesem Jahr die Apfelernte ungewöhnlich früh. Schon jetzt, im Hochsommer, sind auf manchen Wiesen, in Privatgärten und an Straßenrändern die Früchte reif und zum Pflücken bereit – Wochen früher als noch vor wenigen Jahrzehnten. „Die Blüten kamen schon in der zweiten April-Woche!“, bemerkt ein Beobachter. Diese extrem frühe Blüte im Frühjahr hat nun auch direkte Folgen für den Erntezeitpunkt.
Seit 2008 dokumentiert Diplom-Landschaftsökologin Karin Rietmann vom NABU Münster die Apfelblüte an zwei Referenzbäumen in der Stadt. Dabei konnte sie – wie auch das Obstbau-Kompetenzzentrum in Jork – feststellen, dass die Apfelblüte in Münster im Durchschnitt ca. 3,5 Wochen früher stattfindet als in den 60er Jahren. „Ein eindeutiges Zeichen des Klimawandels.“, sagt sie.
Die Insekten hätten sich bereits etwas darauf eingestellt: „Auch sie entwickeln sich früher im Jahr.“ Nur die Vögel kämen da nicht mit – ihre Brutzeit sei noch zeitverzögert, so dass dann nicht genug Futter zur Aufzucht der Jungvögel gefunden würde.
Auf die Ernte wirkt sich die frühe Blüte, so Rietmann, direkt aus. Jede Apfelsorte habe eine bestimmte Anzahl an Reifetagen: „Frühere Blüte – frühere Ernte.“ Das führe dazu, dass Sorten wie ‘Elstar’ oder ‘Boskoop’ in Münster oft schon im August geerntet werden können, während sie früher erst im September oder Oktober pflückreif gewesen wären. Bei späten Sorten, die kalte Nächte oder gar Frost bräuchten, sei das Problem größer: Sie reifen zwar optisch aus, doch sind sie geschmacklich oft noch nicht optimal, weil die typischen Aroma- und Säurewerte nicht vollständig ausgebildet werden.
Auch im Münsterland gibt es inzwischen Fälle, in denen Äpfel überreif werden, bevor der eigentliche Vermarktungszeitraum beginnt – ein deutliches Zeichen dafür, wie stark sich der Rhythmus der Natur verschiebt.
(C) Siegmund Natschke
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