ALBACHTEN. Zwölf lesebegeisterte Menschen, eine vielseitige Leseliste und jede Menge Gesprächsstoff: Beim jüngsten „Bücherplausch“ am vergangenen Samstag ging es unter dem Motto „Unterwegs“ um Reisen – reale wie gedankliche. Was 2018 von der Autorin Andrea Timm und der Bürgerfunk-Produzentin und Literaturkennerin Renate Rave-Schneider ins Leben gerufen wurde, hat sich längst zu einem festen Treffpunkt für Leseratten aus Albachten und Umgebung entwickelt.
Andrea Timm (li.) und Renate Rave-Schneider (re.) organisieren den "Bücherplausch". Fotos: privat.Das Besondere: Nicht ein Literaturkritiker gibt den Ton vor – hier bringen die Teilnehmer selbst ihre Lieblingsbücher mit, stellen sie vor und diskutieren darüber. Vorab gibt es eine Leseliste, doch Raum für Entdeckungen bleibt immer.
Lesen, Zuhören, Mitreden - darum ging es auch beim letzten "Bücherplausch".Ein Höhepunkt war sicher der Auszug aus „Wackelkontakt“ von Wolf Haas, charmant gelesen von Antonia Schreiner, deren klare Stimme die feine Ironie des Textes exzellent transportierte. In dem 2023 erschienenen Roman schickt der österreichische Bestsellerautor seinen Kult-Ermittler Brenner in die Welt der Pflegeheime, wo es – typisch Haas – zwischen rabenschwarzem Humor und melancholischer Gesellschaftskritik ordentlich menschelt. Einige Gäste notierten sich das Buch sogleich auf ihren persönlichen Einkaufszettel.
Für eine ganz andere Art von Unterhaltung sorgte ein Beitrag über „Dr. Schock“ von Sascha Gutzeit – ein herrlich schräger Retro-Krimi, in dem der Autor die Klischees alter Fernseh-Serien liebevoll durch den Fleischwolf dreht. Gutzeit, selbst Musiker, Schauspieler und Autor, verbindet in diesem Werk spannungsgeladene Handlung mit überdrehtem Humor – ein „Comfy-Krimi“ mit Lachgarantie, wie ein Teilnehmer schmunzelnd zusammenfasste.
Auch ernstere Töne fanden ihren Platz: Mit „Einsteins Frau“ stellte eine Leserin den biografischen Roman von Marie Benedict vor. Die US-amerikanische Autorin, bekannt für ihre feministischen Perspektiven auf historische Frauenfiguren, rückt in diesem Buch Mileva Marić, die erste Ehefrau von Albert Einstein, ins Zentrum. Die kluge und mathematisch hochbegabte Physikerin wurde lange Zeit aus Einsteins Erfolgsgeschichte herausgeschrieben – Benedict verleiht ihr eine literarische Stimme. Ein eindringliches, nachdenklich machendes Werk, das viele Teilnehmerinnen tief bewegte.
In der Rückschau war auch der Auftritt von Joachim Frank im März noch Thema. Der Hamburger Autor las damals aus seinem Roman „Mädchen mit dem roten Auge“, der in der Kunstszene spielt und mit detailliertem Fachwissen glänzt. Die Meinungen über das Buch gingen auseinander – doch gerade das machte die Diskussion spannend. Einigkeit herrschte jedenfalls über die kunsthistorische Versiertheit des Autors. Die „Rezension des Monats“ gab es schließlich von Hedwig Sarrazin-Strohm. Sie stellte Marion Lagodas Sommerroman „Ein Garten über der Elbe“ vor – womit die literarische Reise vollendet war.
Doch auch in Zukunft bleibt der Bücherplausch in Bewegung: Am Samstag, dem 28. Juni, geht es in das Sandsteinmuseum in Havixbeck, genauer ins stimmungsvolle Café ARTE. Dort wartet eine offene Bühne, auf der Gabriele Busch mit feinsinniger Lyrik und heiterem Geplauder das Publikum verzaubern wird. Für musikalische Untermalung sorgt Wolf Taylor – handgemacht, versteht sich.
(C) Siegmund Natschke
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