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Zwischen Aschekreuz und Auszeit: Aschermittwoch 1960 in Münster

 MÜNSTER. Aschermittwoch ist heute für viele nur noch ein „Karnevalsabschluss“. Ein Tag zum Ausschlafen, Ausruhen und Arbeiten – aber viel mehr auch nicht. Das war früher ganz anders- auch und vor allem im katholischen Münster. Aber wie war das damals eigentlich hier an einem „ganz normalen“ Aschermittwoch? Welch große Bedeutung der Feiertag für alle hatte, zeigt der Bericht einer Zeitzeugin. Sie erinnert sich für „Münster täglich“ an den Aschermittwoch 1960.

Der Karneval war vorbei, die Stadt erwachte aus ihrem närrischen Ausnahmezustand – und in vielen Büros Münsters begann der Alltag wieder. Doch für einige Angestellte der Landesbank gab es am Aschermittwoch 1960 eine kleine Atempause.

„Einen Tag vor Aschermittwoch kam mein Chef zu uns und fragte: ‚Wer von Euch möchte sich morgen das Aschekreuz in der Lambertikirche holen? Der hat zweieinhalb Stunden frei!‘“, erinnert sich eine münstersche Zeitzeugin. Eine willkommene Gelegenheit, die sich siebzehn Mitarbeiterinnen und ein Mitarbeiter nicht entgehen ließen. Schließlich bedeutete das für sie nicht nur einen Moment der Andacht, sondern auch eine kurze Flucht aus dem Arbeitsalltag. „Nur die Vorgesetzten blieben in der Landesbank“, erzählt unsere Zeitzeugin schmunzelnd.

In der Lambertikirche holten sich die Münsteraner das Aschekreuz. Foto: Stadt Münster.

Damals war es in Münster üblich, sich am Aschermittwoch das Aschekreuz in einer der großen Kirchen der Stadt abzuholen – ein sichtbares Zeichen der Buße und des Neuanfangs. Besonders in der Lambertikirche, wo die Asche in feierlichen Gottesdiensten gespendet wurde, war der Andrang immer groß. Während die einen in stiller Demut den Beginn der Fastenzeit begingen, nutzten andere die Gelegenheit, die Stadtluft zu genießen und vielleicht noch einen kleinen Abstecher ins Café zu machen.

Heute hat sich das Bild gewandelt. „Heute gehen weniger, um sich das Aschekreuz zu holen, dafür mehr zum Karnevalsabschluss und zum Fischessen“, stellt die Zeitzeugin fest. Statt besinnlicher Einkehr stünden gesellige Traditionen wie eben das traditionelle Fischessen im Vordergrund.

Dennoch bleibt der Aschermittwoch in Münster eine markante Zäsur: Er trennt die ausgelassenen Tage des Karnevals von der stilleren Zeit bis Ostern – und das ist heute noch genauso wie früher.


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