MÜNSTER. Robert Habeck ist ein Mann, der polarisiert. Für die einen ist er Hoffnungsträger und Heilsbringer, für die anderen ein Zerstörer der deutschen Wirtschaft. Auch als „Ruinator“ wird er schonmal bezeichnet. Doch bisher gab es niemanden bei den Grünen, auf den ein Wahlkampf so stark zugeschnitten wurde wie eben auf Robert Habeck. Der Wählerversteher aus Schleswig-Holstein trifft seine Fans beim Kaffee in der Küche. Der etwas andere Politiker will er sein, doch Anfragen des Autors dieser Zeilen, ob für seinen Wahlkampf auch Technologien der Künstlichen Intelligenz verwendet werden, blieben konsequent unbeantwortet. Macht Habeck einen modernen Wahlkampf? Bisher zumindest setzt er vor allem auf weiche Schlagworte. Unter dem Slogan „Zuversicht“ tourt er derzeit durch Deutschlands Städte. In der Studenten-Hochburg Münster hat er zweifellos ein Heimpiel. Das Interesse an seinem Auftritt sei angesichts der aktuellen Entwicklung noch einmal gestiegen, sagt Simon Haack vom grünen Kreisverband. Andere schütteln lachend den Kopf, wenn sie nur den Namen „Habeck“ hören. Der Mann, von dem man annimmt, dass er seinen Namen tanzen kann, stellte sich nun in der Halle Münsterland vor.
Und dort gab es einen so immensen Andrang, dass die Veranstaltung zunächst um vierzig Minuten verschoben werden musste. Das gewogene Publikum wurde auf die Folter gespannt, zunächst sprach die grüne Bundestagskandidatin Sylvia Rietenberg. Die sprach sich „gegen die fortschreitende Armut im Lande“ aus, ohne dem grünen Wirtschaftsminister jedoch Vorwürfe zu machen.
Dann kam er: „Guten Tag, Münster!“, rief er – um sofort in den Angriffsmodus zu schalten. Einen „Rutsch nach Rechts“ machte er aus, dem er ein „Habt keine Angst!“, entgegenhielt. Der Schuldige war für ihn ganz schnell ausgemacht. Friedrich Merz habe sein Wort „sehenden Auges" gebrochen und habe das demokratische Fundament des Landes zerbrochen, seine „historische Kontinuität“. Während er Merz zugleich „Erpressung“ vorwarf, drohte Habeck mit der „harten Tour“ des Wählers. Dabei bekannte er, dass „das Ende so offen wie noch nie“ sei.
Zwischendurch fiel immer wieder das Mikro aus, und auch der Jubel war nur bruchstückhaft zu hören. Eines vermissten aber auch in den verständlichen Teilen der Rede viele: ein Wort zur Wirtschaft. Das hatte der Wirtschaftsminister jedoch nicht übrig. Während hinter Habeck in großen Lettern „Ein Mensch, ein Wort“ zu lesen war, fehlte genau dies vom Kanzlerkandidaten der Grünen.
Fazit: Man(n) kann auch Heimspiele verlieren - oder auf ein 0:0 spielen. Den Siegtreffer hat Habeck in Münster auf jeden Fall nicht geschossen.
(C) Siegmund Natschke
FOTOSTRECKE
(Fotos: Carsten Bender)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen