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Serie "Meine besten Geschichten": Teil 4: Eine Großfamilie feiert Weihnachten

 Ich bin jetzt bald genau 15 Jahre im Lokaljournalismus. Ein Jubiläum, das mich sehr stolz macht. Ich habe in dieser Zeit jede Menge erlebt, unzählige Termine gehabt, viele Menschen getroffen und vor allem: ganz viele Artikel geschrieben. Es sind über 10.000 geworden... Eine enorme Zahl, die mein Archiv groß werden lässt. Es sind darunter unheimlich starke und spannende Geschichten, die es lohnen, nochmal erzählt zu werden. Für „Münster täglich“ krame ich ein bisschen in diesem Archiv und hole die besten Geschichten aus fünfzehn Jahren nochmal hervor. Die gibt’s jetzt ab sofort in der neuen Serie „Meine besten Geschichten“ zu lesen: www.muenster-taeglich.deWeiter geht’s mit Folge 4: Es geht um eine Großfamilie aus Roxel, in der fünf Generationen gemeinsam Weihnachten feiern.

Die Großfamilie Lolaj feiert Weihnachten gemeinsam, insgesamt fünf Generationen sind vertreten. Vorne: Ururoma Margarete Kniffka und Ururopa Gerhard Kniffka. Hinten, v. l. : Urenkelin Linda Lolaj, Enkelin Agathe Lolaj mit Ehemann Peter, Urenkelin Nicole Kalman mit Ehemann Andreas sowie Margarete Kniffkas Ururenkelin Maja Kalman, Tochter Elisabeth Wenderlich. Foto: Siegmund Natschke.

ROXEL. Margarete Kniffka hat drei Kinder, sechs Enkel, acht Urenkel und eine Ururenkelin. „Es ist sehr schön, so eine große Familie zu haben“, meint die 87jährige. Gerade zu Weihnachten. Denn gefeiert wird gemeinsam. So ist es auch dieses Mal. Ganz im Mittelpunkt steht dabei Maja. Sie ist erst vier Wochen alt.

Agathe Lolaj ist die Enkelin von Kniffka und gleichzeitig die Oma von Maja. „Wir feiern immer alles zusammen“, sagt sie. Und ganz besonders gelte das für Heiligabend. Fünf Generationen versammeln sich dann in Roxel rund um den Gabentisch der Lolajs. Und ganz traditionell wird das Fest hier begangen. Die Ururoma, die seit 1989 in Deutschland lebt, stammt nämlich usprünglich aus Ostpreußen, das später Polen war, und von dort hat sie auch etwas mitgebracht: leckere Rezepte nämlich, die an Weihnachten gerne zum Einsatz kommen. „Karpfen muss es schon sein“, meint auch Uroma Elisabeth Wenderlich. Doch das ist noch längst nicht alles: Ganze zwölf Gerichte gibt es. Alles aufessen könne man die an deinem Abend nicht, aber „von jedem ein bisschen“ sollte schon gegessen werden, sagt Wenderlich. Noch etwas hat Tradition: „Wir stellen immer einen Teller mehr hin als wir Personen sind“, so Agathe Lolaj. Das ist in Ostpreußen zu Weihnachten üblich. So sei auch für einen Gast gedeckt, der an diesem Heiligen Abend unerwartet vorbeikommen könnte. Dieses Zeichen der Gastfreundschaft ist bei den Lolajs selbstverständlich.

Alle Familienmitglieder teilen sich vor dem gemeinsamen Essen eine Oblate, ein religiöses Symbol. Irgendwann, nach dem Singen von bekannten Weihnachtsliedern wie „Stille Nacht“, kommt es dann aber auch zur Bescherung. In den vielen Jahren, in denen die Großfamilie Lolaj schon gemeinsam das Fest begeht, war es in der Regel Opa Peter Lolaj, der sich bereit erklärt, den Weihnachtsmann zu spielen. Die Kinder merken es natürlich meistens, dass er es war. Doch um Geschenke zu erhalten, muss der Nachwuchs immer auch noch etwas tun. „Auf Instrumenten vorspielen“, erinnert sich Linda Lolaj. Sie ist Margaretes Urenkelin. Die 24jährige studiert BWL. Sie und Mutter Agathe haben die Erfahrung gemacht, wenn sie von ihrem Familienfest sprechen, dass solche großen Feiern mit ebenso vielen Geschenken bei ihren Bekannten, Kollegen und Freunden doch recht selten sind.

Inzwischen sind es bei uns schon fünf Generationen, die gemeinsam feiern“, sagt Linda und deutet auf Schwester Nicole Kalman. Die ist inzwischen stolze Mutter von Maja, die vor vier Wochen geboren worden ist. Das Nesthäkchen ist damit jüngstes Mitglied der Großfamilie und erlebt Weihnachten ganz friedlich und ruhig mit. Am 1. Weihnachtstag steht für die Lolajs dann ein gemeinsamer Kirchenbesuch im Dom an. Und vom üppigen Weihnachtsessen ist dann auch noch etwas da. Alle gruppieren sich wieder um den großen Tisch neben dem Weihnachtsbaum und sprechen miteinander. Eines gibt es jedoch nicht. „Wir gucken kein Fernsehen zu Weihnachten. Dazu kommen wir gar nicht“, so Linda Lolaj. Nicole Kalman und Ehemann Andreas sowie Margarete Kniffkas Urenkelin Maja bleiben noch diese Woche bei ihren Verwandten, dann geht es zurück ins Sauerland.

Silvester verbringen viele der Großfamilie dann wieder mit Freunden, oder auch in „kleinerem“ Rahmen mit Geschwistern, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern oder Ururgroßeltern. Und spätestens nächstes Jahr Weihnachten sind dann wieder alle beisammen.


(C) Siegmund Natschke

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