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Serie "Meine besten Geschichten", Teil 11: der "Spinnen-Mann"

  Ich bin jetzt bald genau 15 Jahre im Lokaljournalismus. Ein Jubiläum, das mich sehr stolz macht. Ich habe in dieser Zeit jede Menge erlebt, unzählige Termine gehabt, viele Menschen getroffen und vor allem: ganz viele Artikel geschrieben. Es sind über 10.000 geworden... Eine enorme Zahl, die mein Archiv groß werden lässt. Es sind darunter unheimlich starke und spannende Geschichten, die es lohnen, nochmal erzählt zu werden. Für „Münster täglich“ krame ich ein bisschen in diesem Archiv und hole die besten Geschichten aus fünfzehn Jahren nochmal hervor. Die gibt’s jetzt ab sofort in der neuen Serie „Meine besten Geschichten“ zu lesen: www.muenster-taeglich.de. Weiter geht’s mit Folge 11 und dem Spinnen-Experten Dr. Martin Kreuels.

Dr. Martin Kreuels schaut bewundernd auf seine schwarze Vogelspinne, die in der Ecke sitzt und die Heuschrecken über ihr schon im Visier hat. „Die ist aggressiv“, weiß Kreuels. Doch gleichzeitig ist der Nienberger Spinnenspezialist von der Nützlichkeit dieser Tiere überzeugt: „Wenn es in Deutschland keine Spinnen gäbe, würde nach einem Jahr eine 30 cm dicke Schicht von Insekten den Boden bedecken“, sagt er warnend.

Kreuels baut für das Naturkundemuseum Münster eine Sammlung von Spinnen auf, die inzwischen schon 100 000 Tiere umfasst. Und sie wird immer größer: „Sie ist nie fertig“, erläutert der 42jährige. Die Sammlung diene der Grundlagenforschung, denn wenn man nicht wisse, welche Spinnen es gebe, könne man auch keinen Naturschutz betreiben. Auch Privatleute tragen immer wieder dazu bei, das Wissen um die Araenen, wie sie im wissenschaftlichen Fachjargon heißen, zu erweitern: „Manche sehen bei sich zu Hause eine ungewöhnliche Spinne, machen dann ein Foto und schicken es mir zu“, weiß Kreuels aus der Praxis zu berichten.
Der Nienberger Dr. Martin Kreuels hält in einem Glaskasten eine achtbeinige Vogelspinne, die sich von Heuschrecken ernährt. Für das Naturkundemuseum Münster baut der promovierte Biologe eine große Spinnensammlung auf. Fotos: Siegmund Natschke.

Noch öfter dürfte jedoch die Angst von Spinnen verbreitet sein: „Die häufigste Ursache ist ein Wissensdefizit“, so Kreuels, „wenn man den Leuten erläutert, was Sache ist, verlieren die Menschen die Scheu.“ Denn Spinnen nehmen vor Menschen erstmal Reißaus, sie tun ihnen nichts. Kommt man mit solchen sachlichen Argumenten, steigt das Interesse der Menschen an dieser faszinierenden Art. „Nur bei einer ausgeprägten Angst, also einer Arachnophobia, muss man einen Psychologen dazuholen“, so der Spinnenexperte.


Das Interesse an diesen Vielbeinern hat der Nienberger während seines Biologie-Studiums gewonnen: „Eigentlich wollte ich mich auf Vögel spezialisieren, aber dazu gab es schon soviel.“ Im Gegensatz zu den Spinnen, und die sind gleich in vielen Dingen faszinierend. So haben sie nicht nur acht Augen, sondern ein richtiges Fell: „Jede Spinne hat Haare. Damit kann sie hören, so wie wir mit den Ohren“, sagt Kreuels.

Erst in jüngster Zeit hat die Forschung die Spinnen für sich entdeckt. Sie sind die Vorbilder für so manche Neuentwicklung: „Spinnenfäden sind der ideale Werkstoff. Sie sind enorm belastbar, dabei bestehen sie nur aus Zucker und Wasser“, nennt Kreuels als Beispiel. Oder Spinnengifte: „Sie könnten einmal zur Behandlung von bestimmten Krebsarten zum Einsatz kommen. Da steht man aber noch am Anfang der Entwicklung.“


Manchmal fragt auch die Polizei bei Kreuels an, etwa wenn es um Spurensicherung und Tatrekonstruktion geht: „Manche Spinnen leben etwa im Kellerschacht. Kommt der Einbrecher da durch, nimmt er Spinnennetz-Fasern mit und verteilt sie im Haus.“ Einige Spinnen sind auch auf die heimische Badewanne spezialisiert: Je ungewöhnlicher, desto mehr ein Fall für den Spinnenspezialisten. Kreuels steht in einer Expertendatei der Polizei und der Feuerwehr und wird immer dann angerufen, wenn keiner mehr weiter weiß.


Martin Kreuels schaut sich zufrieden den Kasten mit seiner Vogelspinne an. Gleich gibt es für das achtbeinige Tier Leckerlis: Gleich mehrere Heuschrecken haben in seiner Umgebung Platz bekommen. Nicht wissend, dass Kreuels Vogelspinne von der etwas aggressiveren Sorte ist.




(C) Siegmund Natschke

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