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Wenn Helfer zu Helden werden – vor zehn Jahren wütete in Münster das Juli-Unwetter

 

MÜNSTER. Es war der 28. Juli 2014. Plötzlich zuckten die Blitze an diesem unbeschwertem Sommertag, der in einer unbeschreiblichen Katastrophe enden sollte. Vor genau zehn Jahren wurde Münster von einem verheerenden Juli-Unwetter heimgesucht, das die Stadt in den Ausnahmezustand versetzte.

In wenigen Stunden fielen Regenmengen, die sonst nur innerhalb eines ganzen Monats herunterkommen. Straßen verwandelten sich in reißende Flüsse, Keller liefen voll Wasser, und die Infrastruktur erlitt erhebliche Schäden. Es war eine beispiellose Naturgewalt, die das Leben vieler Menschen grundlegend veränderte, aber auch die Stadt enger zusammenrücken ließ. In diesen schwierigen Stunden standen zahlreiche Helfer selbstlos im Einsatz, um das Schlimmste zu verhindern und den Betroffenen beizustehen. Heute, ein Jahrzehnt später, möchte „Münster täglich“ diese Helden ehren und uns alle an ihre außergewöhnlichen Taten erinnern.

Wie dankbar die Stadt den selbstlosen Helfern war, zeigte sich bereits wenige Tage nach der Katastrophe, als eigens für die Unwetter-Helden auf dem Prinzipalmarkt ein großes Helferfest organisiert wurde.

Markus Lewe sprach im Rahmen des Helferfestes den Mitarbeitern des technischen Hilfswerkes (THW) seinen Dank aus. Foto: Siegmund Natschke

Als die Männer und Frauen des Technischen Hilfswerkes (THW) Oberbürgermeister Markus Lewe umringten, schien fast nichts mehr an die Geschehnisse am Abend und in der Nacht des 28. Juli zu erinnern. Hier auf dem Prinzipalmarkt herrschte eineinhalb Wochen nach den dramatischen Ereignissen auf dem Helferfest eine fast unbeschwerte Stimmung. Lewe schüttelte fleißig Hände und war voll der Lobesworte. Ein „unbeschreibliches Gefühl der Hilfsbereitschaft“ habe er in den Unwetter-Katastrophentagen ausgemacht. Und das sei beruhigend, auch für die Zukunft der Stadt.

Hendrik Tingelhoff war Mitglied im Einsatzstab des THW Münster. Ständig seien neue Hilferufe eingegangen: „Das geht einem schon sehr nahe.“ Vor Ort dann das Bild der Verwüstung: „Das ist für viele Helfer auch psychisch belastend“, meinte Tingelhoff. Wenig Schlaf, lange Nächte und ständige Einsatzbereitschaft seien dazugekommen, aber für die insgesamt 800 THW-Helfer aus Münster und Umgebung war das zugleich auch eine Selbstverständlichkeit.

So selbstverständlich wie für die Künstler des Nachmittags, völlig unentgeltlich aufzutreten. Thomas Nufer, der auch für die Promenaden-Grünflächenunterhaltung verantwortlich zeichnet, hatte dies ganz kurzfristig auf die Beine stellen können. Hier zeige sich, dass Münster zusammenstehe, sagte Nufer. Der als Kreuzviertel-Bewohner die verheerenden Schäden auch ganz unmittelbar mitbekommen hatte. Und so fiel sein Entschluss nicht schwer, ein buntes Programm zusammenzustellen: „Das für Münster steht und zu der Stadt passt“.

Die Westfalen halten zusammen, wenn es darauf ankommt“, meinte etwa Ludger Kniesel von den „3 Nikoläusen“. Eine „Riesen-Party“ wolle man machen, sagte auch Jens Behnke von den „Konten“. Er ist Mecklenbecker: „Wir haben ständig bei Nachbarn und Freunden geholfen, Keller auszupumpen.“ Kniesel erinnert sich noch immer ganz genau an den Abend des Unwetters: „Ständig kamen bei mir neue ´Whatsapp´-Nachrichten an, was wo gerade passiert ist.“

Beklemmend für alle, die davon hörten, aber auch die davon betroffen waren. So auch Mario Engbers vom „Speicher 10“. Sein Catering-Betrieb in Coerde stand selber unter Wasser. „Wir haben unheimliche Unterstützung erfahren. Jetzt wollen wir etwas davon zurückgeben“, erklärte Engbers. Das heißt: Für die vielen Helfer in der Stadt Münster gab es zur Belohnung deftige Suppen sowie leckeren Eintopf. Andere Helfer jedoch schlugen jetzt schon ein neues Kapitel auf.

Brigitte Huddleston etwa von der Facebook-Gruppe „Regen in Münster“ kündigte an: „Den heutigen Tag und dieses Fest nehmen wir zum Anlass, diese Gruppe zu schließen.“ Und: „Wir machen die Lichter aus.“ Lewe sprach gegenüber dem Autor dieser Zeilen den Helfern der Gruppe nochmal seinen Dank aus: „Dass sie über Social Media die Hilfe organisiert hat, daran wird man sich erinnern.“

Für die Unwetter-Helfer gab es deftige Suppe. Foto: Siegmund Natschke.

Frank Star von den "3 Nikoläusen" trat wie alle Künstler des Nachmittags auf dem Helferfest unentgeltlich auf. Foto: Siegmund Natschke.


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