MÜNSTER. Zum Schluss halfen auch keine „Zahngold“- und Pfandleiher-Anzeigen mehr: Der Aschendorff-Verlag glaubte nicht mehr an die Rentabilität seiner Anzeigenblätter und entschloss sich zu dem folgenschweren Schritt, sie komplett einzustellen („Münster aktuell“ berichtete). Betroffen sind davon auch die „Hallo“-Ausgaben in Münster, Ende April ist endgültig Schluss. Was passiert aber mit der hiesigen Tageszeitung, den „Westfälischen Nachrichten“?
Immerhin: Das Aus für die Anzeigenblätter begründete die Geschäftsleitung mit „nie dagewesenen Kostensteigerungen“, insbesondere beim Papier und der Energie. Diese Faktoren betreffen allerdings auch die „Westfälischen Nachrichten“ (WN), die zudem den heimischen Leser in den letzten Monaten und Jahren zunehmend irritiert und verärgert hat. Immer häufiger finden lokale Ereignisse in der WN nämlich nicht mehr journalistisch statt, besonders nicht in den Stadtteilen. Häufig lässt sich die Redaktion, die selbst personell ausgedünnt wurde, für sie kostenlose Pressemitteilungen zusenden. Zu Terminen werden dann keine eigenen Journalisten mehr geschickt. Vereine und Institutionen haben zunehmend Probleme, in der Zeitung stattzufinden. Das führt zu Frustration und mitunter auch dauerhaften Verärgerung. Die oftmals jahrzehntelang gewachsene Leserbindung schwindet rasend schnell. Freie Journalisten werden kaum noch oder gar nicht mehr von den „Westfälischen Nachrichten“ eingesetzt. Bereits im Jahr 2020 initiierte die WN einen Auftragsstopp für Freie, anscheinend um die Anspruchsvoraussetzungen für den Kurzarbeitergeldbezug ihrer Redakteure zu schaffen. Ist „Staatsknete“ aber wirklich der Ausweg aus der Aschendorff-Krise? Kaum vorstellbar.
Der Absturz des Verlages ist indes beispiellos in der Medienlandschaft Deutschlands. Schien Aschendorff doch nach der Übernahme des Dauerkonkurrenten „Münstersche Zeitung“ (MZ) im Jahr 2014, die als „Sanierungsfusion“ dargestellt wurde, all seine Probleme gelöst zu haben, denn den münsterschen Markt hatte man nun für sich.
in Münster, aber auch in Steinfurt und Greven waren die Westfälischen Nachrichten jeweils der einzige Wettbewerber der MZ. Auf allen diesen Märkten sei es daher durch den Zusammenschluss zu einem Monopol von Aschendorff gekommen, erklärt Dirk Möller vom Bundeskartellamt auf Anfrage. Technisch gesprochen habe der Zusammenschluss zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung geführt und wäre daher im Grundsatz nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen („GWB“) zu untersagen gewesen, wenn er für das Monopol kausal gewesen wäre. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, weil die MZ ohnehin „vom Markt verschwunden wäre“, glaubt Möller.
Aus einer Monopolstellung ging es nahtlos in eine existentielle Krise, und das innerhalb weniger Jahre. Nun ist neben all den Teuerungen jüngst auch noch eine Bankenkrise hinzugekommen, von der nur Aschendorff selbst wissen kann, inwieweit diese ihn betrifft. Wieviele Arbeitsplätze der taumelnde Verlag noch abbauen wird, bleibt bis zur Stunde unklar.
Der Presseverein Münster-Münsterland befürchtet indes, dass es betriebsbedingte Kündigungen „in gravierendem Ausmaß“ geben wird. Immer mehr drängt sich der Gedanke auf, dass die Tage der„Westfälischen Nachrichten“ gezählt sein könnten. „Münster aktuell“ wird weiter berichten.
Was wird aus den "Westfälischen Nachrichten"? Foto: Siegmund Natschke
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