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Festakt im Rathaus mit NRW- Ministerpräsident: Wüst würdigt erste queere Demo Deutschlands in Münster vor 50 Jahren als „vorbildlich“

 

Das hatte es noch nie gegeben: Am 29. April 1972 versammelten sich 200 Homosexuelle zunächst vor dem Schloss und zogen dann durch die münstersche Innenstadt. Die erste Demonstration in Deutschland überhaupt war das von einer gesellschaftlichen Gruppe, die damals noch weit davon entfernt war, auch gesellschaftlich akzeptiert zu sein oder gar gleiche Rechte zu haben. Es erforderte Mut, sich öffentlich zur Homosexualität zu bekennen und für die eigene Sache zu kämpfen. Organisiert hatte das Ganze der eher konservative Rainer Plein, der ebenso eine studentische Aktionsgruppe gegründet hatte und den Schulterschluss auch mit linken Gruppen wagte und so eine stattliche Anzahl von Demonstranten zusammenbrachte. 1976 sollte er durch Suizid aus dem Leben scheiden, heute ist sogar eine Straße in Münster-Rumphorst nach ihm benannt. Auch Anne Henscheid, Mitbegründerin der ersten westdeutschen Lesbengruppe und Protagonistin der frühen Lesbenbewegung, war Organisatorin dieser Demonstration.

Die Anliegen, um die es in der Demonstration 1972 gingen, sind inzwischen so etwas wie gesellschaftlicher Konsens geworden. Zum Jahrestag gab es einen Festakt im münsterschen Rathaus, zu dem sogar NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst kam: „Wir freuen uns über die positive Reaktion der Politik“, sagte Festakt-Moderatorin Claudia Kemper. 

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst beim Festakt im Rathaus. Fotos: (c) Ralf Emmerich


Neben dem Ministerpräsidenten kamen Bürgermeisterin Angela Stähler sowie die Landtags-Kandidatinnen Simone Wendland und Teresa Küppers sowie Landtags-Kandidat Dr. Julian Allendorf. Wüst lobte, dass die Teilnehmer der Demonstration 1972 sich „in vorbildlicher Weise für Akzeptanz und Gleichberechtigung“ eingesetzt hätten. Ein Staat, der sich in die geschlechtliche Orientierung der Bürger einmischen würde, sei „übergriffig“. Das Verhalten damals gegenüber den Homosexuellen sei "für alle beschämend" gewesen„"Heute vor 50 Jahren erforderte es Mut, als homosexueller Mensch auf die Straße zu gehen“, erklärte auch Rednerin Agnes Yavari vom queeren Verein „Livas“:„Bleiben wir engagiert!“, forderte sie. Und tatsächlich: Vor dem Festakt haben wie 1972 queere Gruppen demonstriert und sind dabei bewusst die gleiche Route gegangen wie 1972, vom Schlossplatz zum Rathaus. Teilnehmer von damals waren auch beim Festakt mit dabei.

Beim Festakt mit dabei: Bürgermeisterin Angela Stähler und die Landtagskandidatinnen Simone Wendland und Teresa Küppers (v.l.)



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